Bieterverfahren beim Immobilienverkauf: Vor- und Nachteile
Das Bieterverfahren ist beim Immobilienverkauf eine interessante Alternative zur klassischen Vermarktung mit vorgegebenem Verkaufspreis. Es erspart Verkäufern die schwierige Aufgabe der Preisfindung und eröffnet aufgrund des möglichen Bieterwettbewerbs gute Chancen auf einen vergleichsweise hohen Verkaufserlös. Ehe Sie jedoch diese Vermarktungsvariante in Erwägung ziehen, sollten Sie sich zunächst umfassend mit den unterschiedlichen Aspekten des Bieterverfahrens befassen.
Was ist ein Bieterverfahren?
Die Ermittlung des optimalen Verkaufspreises für den Immobilienverkauf ist keine leichte Aufgabe. Setzen Sie den Preis zu hoch an, kann diese Entscheidung potenzielle Interessenten abschrecken und birgt die Gefahr, dass Sie letztendlich keinen Käufer finden. Ein zu niedriger Kaufpreis freut zwar die Käufer, der Verkäufer erzielt jedoch einen Gewinn, der deutlich hinter den Möglichkeiten des freien Marktes zurückbleibt. Mit dem Bieterverfahren vermeiden Sie diese Gratwanderung und überlassen die Preisentwicklung dem Konkurrenzkampf der Bieter.
Das Bieterverfahren ist eine spezielle Verkaufsstrategie, die ohne festgelegten Verkaufspreis auskommt. Da jeder Kaufinteressent ein Gebot abgeben kann und sich bei mehreren Bietern eine Wettbewerbssituation bildet, wird der letztendliche Kaufpreis über den Markt bestimmt. Ursprünglich kam dieses Verfahren überwiegend bei Objekten zur Anwendung, die bereits längere Zeit erfolglos zum Verkauf standen, inzwischen dient es auch als Strategie bei begehrten Immobilien, um höhere Erträge zu erzielen. Während das Bieterverfahren in Deutschland seltener genutzt wird, hat es sich in anderen Ländern längst als erfolgreiche Vermarktungsstrategie etabliert. In den USA ist das Bieterverfahren eine beliebte Verkaufsstrategie und auch in der Schweiz nutzen inzwischen zahlreiche Immobilienbesitzer diese Möglichkeit, um einen möglichst hohen Verkaufspreis zu erzielen.
Bieterverfahren: Ablauf & Regeln kurz erklärt
In der Regel wird dieses Verfahren ohne Nennung eines Mindestgebots durchgeführt, dem Verkäufer steht es allerdings frei, im Inserat eine unterste Preisgrenze zu nennen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Auktionen oder Versteigerungen ist ein Gebot beim Bieterverfahren für die Kaufinteressenten nicht bindend. Sogar spätere Nachverhandlungen sind daher problemlos möglich und zudem ist der Verkäufer nicht dazu verpflichtet, das höchste Gebot anzunehmen. Er kann sich frei entscheiden und sich daher auch für ein niedriger angesetztes Angebot entscheiden. In der Regel folgt das Bieterverfahren dem folgenden Ablauf:
1. Das Exposé:
Zunächst steht die Vermarktung im Vordergrund, die zumeist einem kompetenten Immobilienmakler anvertraut wird. Bei der Suche nach einem erfahrenen Makler sollten Sie darauf achten, dass dieser mit dem Bieterverfahren vertraut ist. Ebenso wie bei den klassischen Verkaufswegen steht zunächst die Ausarbeitung eines aussagekräftigen Exposés an. Es enthält alle wichtigen Informationen wie Baujahr, Wohnfläche, Energiewerte, Lage und wichtige Besonderheiten. Zudem muss klar kommuniziert werden, dass es sich bei dem Angebot um ein Bieterverfahren handelt. Üblich ist eine Bietfrist, die abhängig von der Nachfrage meist bei zwei bis sechs Wochen liegt. Auf feste Preisangaben wird verzichtet, Sie können jedoch bei Bedarf einen Mindestpreis angeben. Hochauflösende Fotos bieten erste Einblicke und sollen das Interesse der potenziellen Bieter wecken.
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2. Die Vermarktung:
Das Angebot wird anschließend veröffentlicht, beispielsweise in den Printmedien, auf der Webseite des Maklers oder auf unterschiedlichen Immobilienportalen.
3. Die Besichtigung:
Bei einem Bieterverfahren erfolgt die Besichtigung durch Kaufinteressenten in der Regel an einem vorab festgelegten Besichtigungstermin, der in der Annonce angegeben ist. Diese Sammelbesichtigungen sind insbesondere bei Objekten sinnvoll, bei denen eine hohe Nachfrage anzunehmen ist. Alternativ können potenzielle Bieter selbstverständlich auch individuelle Termine vereinbaren.
4. Abgabe der Gebote:
Bis zum Ende der Bietfrist haben Kaufinteressenten die Möglichkeit, ein Gebot abzugeben. Diese Gebote werden gesammelt und nach Ende der Frist bespricht der Makler die Angebote mit Ihnen. In dieser Phase können auch noch Nachverhandlungen stattfinden.
5. Entscheidung für ein Gebot:
Wenn das Höchstgebot Ihren Vorstellungen entspricht und der Bieter weiterhin bereit ist, den vorgeschlagenen Preis zu zahlen, kann in der nächsten Phase ein Kaufvertrag geschlossen werden. In Deutschland ist auch beim Bieterverfahren das geltende Recht zu beachten, nach dem bei Immobilienverkäufen eine notarielle Beurkundung erfolgen muss (siehe § 311b BGB). Ist dies noch nicht erfolgt, haben beide Parteien die Möglichkeit, sich jederzeit gegen das Geschäft zu entscheiden. Der Verkauf ist erst bindend, wenn beide Parteien den Kaufvertrag beim Notartermin unterschrieben haben. Erst dann ist das Bieterverfahren abgeschlossen. Das Bieterverfahren ist somit nicht mit einer Immobilienversteigerung vergleichbar, bei der ein abgegebenes Gebot für beide Seiten rechtlich bindend ist.
Unterschiedliche Varianten des Bieterverfahrens
Basierend auf der generellen Grundstruktur des Bieterverfahrens kann der genaue Ablauf je nach gewählter Vorgehensweise etwas variieren, daher lohnt sich zusätzlich ein kurzer Blick auf die unterschiedlichen Varianten des Bieterverfahrens:
Privates Bieterverfahren:
Bei dieser Variante ist der Verkäufer eine Privatperson. In der Regel handelt es sich dabei um ein offenes Verfahren.
Öffentliches Bieterverfahren:
Handelt es sich bei dem Anbieter um eine Gebietskörperschaft (Gemeinde, Bundesland etc.), wird der Vorgang als öffentliches Bieterverfahren bezeichnet. Ein gutes Beispiel ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BlmA), die in erster Linie für die Verwaltung von bundeseigenen Grundstücken und Immobilien zuständig ist. In diesem Zusammenhang ist sie weiterhin für die wirtschaftliche Veräußerung von Objekten zuständig, die vom Bund nicht länger benötigt werden.
Offenes Bieterverfahren:
Der Verkäufer nennt in der Annonce einen Termin für eine Sammelbesichtigung, bei der Interessenten die Immobilie ohne Termin besichtigen können. Im Anschluss können die Gebote abgegeben werden. Aufgrund des vorgegebenen Sammeltermins ist im Gegensatz zum strukturierten Bieterverfahren ein etwas kürzerer Verkaufszeitraum möglich.
Strukturiertes Bieterverfahren:
Das strukturierte Bieterverfahren folgt von der Vorbereitung bis zum Abschluss des Kaufvertrages einer klar definierten Struktur. Es ist meist etwas langwieriger als die offene Variante, bietet den Interessenten jedoch aufgrund mehrerer Bieterrunden eine hohe Transparenz. Sie können das jeweils höchste Angebot veröffentlichen und animieren damit andere Bieter möglicherweise zur Abgabe eines höheren Gebots.
Offline-Bieterverfahren:
Die Bieter geben nach einer Besichtigung innerhalb der vorgegebenen Frist Ihr Angebot in schriftlicher Form (Brief, E-Mail, Fax) ab. Nach Fristablauf veröffentlicht der Makler das Höchstgebot auf seiner Webseite oder er informiert die Bieter per Brief bzw. Mail. Meist haben die Interessenten mehrere Wochen Zeit, ein Gebot abzugeben.
Online-Bieterverfahren:
Im Gegensatz zum Offline-Verfahren profitieren die Bieter bei dieser Variante von einer unkomplizierten Online-Gebotsabgabe direkt am Bildschirm. Bei Online-Verfahren gibt es in der Regel ein deutlich kleineres Zeitfenster. Da auch hier das Höchstgebot veröffentlicht wird, entsteht ebenfalls ein Konkurrenzdruck, der im Idealfall die Gebote in die Höhe treibt. Allerdings kann es durchaus vorkommen, dass ein Bieter sein unter Stress abgegebenes Gebot später zurücknimmt.
Für welche Immobilien eignet sich das Bieterverfahren?
Das Bieterverfahren bietet viele Vorteile, ist jedoch nicht ausnahmslos bei jeder Immobilie eine gute Wahl. Generell lässt sich sagen, dass es sich besonders gut für Objekte eignet, die neben einem positiven Detail auch einen entscheidenden Nachteil aufweisen. Dazu finden Sie nachstehend einige Beispiele:
- ein Haus mit großem Grundstück und guter Lage, bei dem jedoch ein größerer Renovierungsbedarf besteht
- bei Renovierungsbedarf gibt es häufig unterschiedliche Einschätzungen hinsichtlich des Marktwertes, die sich mittels Bieterverfahren klären lassen
- das Objekt ist bereits längere Zeit auf dem Markt
- bei schlecht verkäuflichen Immobilien kann ein Bieterverfahren die Anzahl der Interessenten erhöhen
- falls Sie dringend Geld benötigen und daher einen zeitnahen Verkauf anvisieren
Bei exklusiven Immobilien in ausgesuchter Lage oder Objekten in Metropolen mit hoher Nachfrage und geringem Angebot kann das Bieterverfahren viele Interessenten anlocken. Durch die hohe Nachfrage kann ein Wettbewerb unter den Bietern entstehen, der Ihre Chancen auf einen Immobilienverkauf zum Bestpreis deutlich erhöht.
Das sind die Vorteile und Nachteile des Bieterverfahrens
Da jede Medaille zwei Seiten hat, sind beim Bieterverfahren neben den eindeutigen Vorteilen auch einige Nachteile zu beachten.
Die Vorteile eines Bieterverfahrens
- Zeitersparnis: Aufgrund der relativ kurzen Vermarktungszeit lässt sich der Immobilienverkauf vergleichsweise schnell realisieren.
- Effizienz: Mehrere Bieter geben innerhalb einer Frist Gebote ab, langwierige Verkaufsverhandlungen entfallen. Für Käufer ist das kurze Bieterverfahren ebenfalls vorteilhaft, da sie schneller in die neue Immobilie einziehen können und somit im Einzelfall doppelte Unterhaltskosten vermeiden können.
- Kein Risiko: Falls ein potenzieller Verkäufer sein Gebot widerruft, gibt es in der Regel noch weitere Interessenten. Zudem ist der Verkäufer nicht dazu gezwungen, ein unter seinen Preisvorstellungen liegendes Höchstgebot zu akzeptieren.
- Wettbewerb: Es kann vorkommen, dass sich Bieter gegenseitig zu übertreffen versuchen und Sie einen Kaufpreis erzielen, der den eigentlichen Marktwert übertrifft. Durch die Veröffentlichung des jeweiligen Höchstgebots können Sie andere Bieter dazu animieren, das ursprüngliche Angebot zu erhöhen.
Die Nachteile des Bieterverfahrens
- Kein Verkauf: Es kann vorkommen, dass es nicht zum Verkauf kommt. Dies ist beispielsweise möglich, wenn die abgegebenen Gebote weit unter Ihren Vorstellungen bleiben oder kaum Bieter an dem Objekt interessiert sind.
- Käufer springt ab: Da ein abgegebenes Gebot nicht bindend ist, kann sich ein Kaufinteressent jederzeit gegen den Kauf entschließen, sofern der Kaufvertrag noch nicht unterschrieben wurde.
- Sammelbesichtigung: Falls zu viele Menschen das Objekt besichtigen möchten, kann dies einige Interessenten abschrecken, die durchaus ernsthaft an einem Kauf interessiert wären.
- Niedrige Gebote: Ohne Mindestpreis kann es vorkommen, dass die abgegebenen Gebote weit unter Ihren Vorstellungen bleiben.
- Unpersönliches Verfahren: Da es im Gegensatz zum klassischen Verkaufsprozess in der Regel nicht zu Verkaufsverhandlungen kommt, empfinden viele Menschen das Bieterverfahren als unpersönlich. Bei Einzelterminen können Sie besser auf die einzelnen Kaufinteressenten eingehen.
- Hoher Aufwand: Ohne Makler kann die Vorbereitung des Bieterverfahrens und die Organisation von Sammel- und Einzel-Besichtigungsterminen sehr aufwendig sein.
Wägen Sie die Chancen und Risiken ab
Die Auflistung der Vor- und Nachteile ist eine gute Grundlage, um die individuellen Chancen und Risiken des Bieterverfahrens abzuwägen. Wenn Sie den Wettbewerb zwischen den Bietern fördern möchten, um den besten Verkaufspreis zu erzielen, ist das Bieterverfahren ohne Zweifel den klassischen Verkaufswegen vorzuziehen. Dies ist auch der Fall, wenn Sie Ihre Immobilie schnell verkaufen möchten, beispielsweise weil Sie bereits eine andere Immobilie gekauft haben und das Geld daher möglichst kurzfristig benötigen. Ein Haus in einer guten Lage kann trotz eines Sanierungsbedarfs mittels Bieterverfahren häufig ebenfalls schneller verkauft werden. Falls das erste Bieterverfahren nicht erfolgreich war, können Sie die durchschnittliche Gebotshöhe zumindest als Grundlage für weitere Verkaufsversuche nutzen. Es besteht beim Bieterverfahren zwar jederzeit die Möglichkeit, dass ein Bieter sein Angebot zurücknimmt, dies kann allerdings durchaus auch bei den klassischen Verkaufswegen vorkommen, solange der Kaufvertrag noch nicht unterschrieben ist. Erst durch die notarielle Beurkundung wird das Geschäft rechtlich bindend.
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